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Durchlaufen eines Prüfschemas

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Analyse des Vorhabens und seiner Rahmenbedingungen

Die Digitalisierung von Verwaltungsleistungen vereinfacht die Leistungserbringung für Einzelpersonen und Unternehmen, macht Leistungen besser zugänglich und die Verwaltung effizienter.
Eine Voraussetzung dafür ist das Überwinden inselbasierten Verwaltungshandelns, weil dadurch die Interoperabilität über die Grenzen der beteiligten und angrenzenden (Micro-)Verwaltungsbereiche einer Verwaltungsleistung hinweg gesteigert wird. Dies gilt insbesondere bei der Umsetzung von OZG-Vorhaben.

Eine Steigerung der Interoperabilität zwischen einzelnen Verwaltungsbereichen kann nur auf der Basis der gezielten und parallelen Ausgestaltung der rechtlichen, organisatorischen, semantischen und technischen Aspekte der Zusammenarbeit erfolgen.

Steigerung der Interoperabilität zwischen einzelnen Verwaltungsbereichen

Kern einer solchen Ausgestaltung ist ein Datenmodell, das bereichsübergreifend rechtlich verankert und mit eindeutiger Semantik versehen in allen betroffenen Fachlichkeiten, Verwaltungsebenen und Organisationen als Grundlage zur Umsetzung von Verwaltungsleistungen genutzt und (gemeinschaftlich) fortgeschrieben wird.

Gemeinsames Datenmodell als Grundlage für die Umsetzung von Verwaltungsleistungen

Interoperabilität am Beispiel XUnternehmen

Eine übergreifende Adressierung der Interoperabilität fand und findet im Rahmen des Vorhabens XUnternehmen statt. Zur Verdeutlichung des Ansatzes stellen wir Ihnen dieses Vorhaben nachfolgend vor.

Initial ist XUnternehmen im Leistungsbereich der Gewerbeanmeldung verortet. Im Zusammenspiel der Wirtschaftsministerkonferenz und der Wirtschaftsministerien der Länder wurde eine Organisationsstruktur gebildet, die auf rechtlicher, organisatorischer und finanzieller Ebene die Erstellung, Fortschreibung und Nutzung des sogenannten XUnternehmen-Kerndatenmodells regeln.

Das Kerndatenmodell definiert einen allgemeinen Datenstandard (semantisches Konzept) für Verfahren der Wirtschaftsverwaltung, etwa bei Förderanträgen oder Genehmigungsverfahren. Damit können Stammdaten wie die Rechtsform und die Art der Tätigkeit von Unternehmen standardisiert dargestellt werden.
XUnternehmen stellt die Grundlage für die Umsetzung von derzeit knapp 30 Verwaltungsleistungen dar. Zu diesen Verwaltungsleistungen gehören beispielsweise XUnternehmen.Mutterschutz, XUnternehmen.Handwerk und XUnternehmen.Arbeitszeit. Nahezu alle dieser Verwaltungsleistungen entsprechen jeweils einer OZG-Leistung. Es besteht somit ein direkter Bezug zur OZG-Informationsplattform.

Darüber hinaus wird das Kerndatenmodell auch außerhalb des OZG-Bereichs genutzt, beispielsweise bei der Umsetzung der Schnittstelle zum Unternehmensbasisdatenregister an die angeschlossenen Stellen nach Unternehmensbasisdatenregistergesetz (Unternehmensbasisdatenregistergesetz (UBRegG)).

Das XUnternehmen-Kerndatenmodell berücksichtigt neben den Anforderungen der Fachmodule auch die Sichten der Steuer (W-IDNr, GINSTER, ELSTER-Unternehmenskonto), des zentralen Unternehmerverzeichnisses nach SGV VII und der Handels-, Genossenschafts-, Vereins- und Partnerschaftsregister, damit die Stammdaten aus diesen Quellen möglichst nahtlos in die Online-Dienste und die Fachverfahren übernommen werden beziehungsweise dort zusammengeführt werden können.

In den Fachmodulen sind die LeiKa-IDs und ihre Zuordnung auf die XÖV-Nachrichten aufgeführt.

Ansatz zur Analyse

Ob und in welchem Umfang solche übergreifenden Ansätze der Datenstandardisierung möglich und sinnvoll sind, muss vor dem Hintergrund der jeweiligen Rahmenbedingungen eines Umsetzungsvorhabens entschieden werden. Zur Ermittlung dieser Rahmenbedingungen muss neben der Analyse des eigenen Leistungsbereichs insbesondere die Analyse der Beziehungen zum aktuellen Verwaltungsumfeld und zugehörigen Digitalisierungsinitiativen und soweit möglich den zu erwartenden Entwicklungen des Umfeldes erfolgen.

Einschätzung des eigenen Vorhabens

Bei der Einschätzung des eigenen Vorhabens muss unter anderem die Fragestellung nach der Relevanz einer bereichsübergreifenden Interoperabilität der umzusetzenden Leistungen beantworten werden. Kriterien zur Feststellung der Relevanz des verantworteten Bereichs bzw. der darin enthaltenen Leistungen sind unter anderem die Anzahl und Komplexität der jeweiligen Leistungen sowie deren erwartetes Fallaufkommen.

Umfangreiche und/oder komplexe Leistungen, sowie Leistungen mit hohen Fallzahlen erfordern in der Regel eine tiefere Integration in die Fachverfahren der Behörden und eine durchgehende Digitalisierung zugehörigen Prozesse. Eine Datenstandardisierung im oben dargestellten Sinne ist in diesem Falle eine zu prüfende Option.

Demgegenüber stehen Leistungsbereiche mit Leistungen geringer Komplexität und/oder geringem Fallaufkommen. Hier ist eine bereichsübergreifende Datenstandardisierung in der Regel nicht sinnvoll.

Einschätzung des eigenen Vorhabens

Analyse der möglichen Abhängigkeitsbeziehungen

Bei der Analyse der möglichen Abhängigkeitsbeziehungen muss die Frage beantwortet werden, ob und in welchem Maße die betrachteten Leistungen in Beziehung zu „benachbarten“ Leistungen oder Leistungsbündeln oder relevanten Digitalisierungsvorhaben außerhalb des OZG-Kontextes stehen. Diese Beziehungen können sowohl auf rein technischer als auch auf semantischer, prozessualer oder rechtlicher Ebene bestehen. Ein Indiz für die Relevanz kann auch die Verwendung gleicher Fachverfahren oder gemeinsamer technischer Infrastrukturen zur Erbringung unterschiedlicher Leistungen sein.

Werden Abhängigkeitsbeziehungen auf einer der genannten Ebenen angenommen, ist eine detailliertere Betrachtung erforderlich.
Im einfachsten Falle bestehen bereits rechtliche Rahmenbedingungen und zugehörige organisatorische Strukturen zur Standardisierung (i. S. v. Vereinheitlichung) semantischer Konzepte und deren Umsetzung in die technischen Strukturen, beispielsweise einer konkreten Datenübermittlung. In diesem Falle ist zu prüfen, ob und unter welchen Bedingungen die Erweiterung der bestehenden Organisationsstrukturen um die Verantwortlichkeiten der in Betrachtung stehenden OZG-Leistungen realisierbar sein kann.

Ist das direkte Umfeld nicht leicht zu ermitteln, bietet sich eine prozessuale Betrachtung an: Prozessnetze, Prozesslandkarten oder auch einzelne Prozesse können

  • Verwaltungsleistungen gruppieren
  • Abhängigkeiten zu anderen Verwaltungsleistungen aufzeigen und
  • Harmonisierungsbedarfe aufdecken.

Die prozessuale Betrachtung ist sowohl in der FIM-Methodik als auch im XÖV-Rahmenwerk ein wesentlicher Teil der Analyse.

Fokussierung auf nicht-technische Abbildungen der Erzeugnisse

Nachdem das Umfeld identifiziert wurde, wird im weiteren Verlauf der Analyse auf die nicht-technischen Abbildungen der Erzeugnisse fokussiert (technische Abbildungen der semantischen Konzepte und zugehöriger Datenstrukturen sind zunächst zu vernachlässigen). Beispiele solcher „technologie-agnostischer“ Erzeugnisse sind die Spezifikationen des Kerndatenmodells XUnternehmen, des DSMeld (Datensatz für das Meldewesen) oder der Norm für die elektronische Rechnung EN 16931. Gute Beispiele verwaltungsübergreifend genutzter semantischer Konzepte sind auch sogenannte Codelisten, mittels derer Wertebereiche (z. B. Staaten, Geschlecht, Religion etc.) und enthaltene Werte (z. B. männlich, weiblich, divers) semantisch spezifiziert und vorhabensübergreifend genutzt werden.

Entwicklungen der rechtlichen Rahmenbedingungen

Eine ergänzende Bewertung der Analyseergebnisse des eigenen Leistungsbereichs und seiner potentiellen Abhängigkeiten zu anderen erfolgt auf der Basis sich abzeichnender Entwicklungen der rechtlichen Rahmenbedingungen des Leistungsbereichs. Hier sei insbesondere die Prüfung der Relevanz der umzusetzenden OZG-Leistung im Kontext der europäischen Single Digital Gateway-Verordnung (SDG-VO) genannt. Mit der Verordnung wird geregelt, dass die unter Anhang II der VO genannten Verfahren und zugehörigen Nachweise durch alle Mitgliedsstaaten bis spätestens 12. Dezember 2023 europaweit digital bereitzustellen sind. Die derzeit insgesamt 74 OZG-Leistungen mit SDG-Relevanz sind somit mittelfristig von den im Europäischen Umfeld erforderlichen Harmonisierungsansätzen und daraus resultierenden semantischen Konzepte betroffen.

Verortung des Vorhabens

Auf der Basis der Analyseergebnisse eines Vorhabens und seiner Rahmenbedingungen kann eine Empfehlung zur Umsetzung gegeben werden. Die Entscheidungskriterien, welche determinieren, ob eine Vorgehensweise ausschließlich auf Basis der FIM-Methodik, ausschließlich auf Basis des XÖV-Rahmenwerks oder in einem kombinierten Ansatz erfolgen sollte, sind insbesondere:

  • Vorhandensein einer Kommunikationsbeziehung zu Bürger:innen oder Unternehmen
  • Vorhandensein zwischenbehördliche Datenübermittlung
  • Anforderungen an die Interoperabilität (aus Komplexität)
  • Fallzahlen

Gibt es zum Verwaltungsverfahren eine Kommunikationsbeziehung von Bürger:innen oder Unternehmen, sind mit einem Vorhaben nur wenige Leistungen mit geringer Komplexität umzusetzen und sind keine Abhängigkeitsbeziehungen zu anderen Leistungsbereichen erkennbar, so wird die Umsetzung auf der alleinigen Basis eines oder mehrerer FIM-Dokumentensteckbriefe und zugehöriger FIM-Stammdatenschemata empfohlen.

Werden bei der Analyse des Umfeldes Abhängigkeiten zu bestehenden Standardisierungen auf technischer, semantischer, organisatorischer oder rechtlicher Ebene identifiziert, wird empfohlen die Nachnutzung bestehender Strukturen und/oder Erzeugnisse der Standardisierung im Detail zu prüfen.

Handelt es sich bei der zu prüfenden Standardisierung um ein XÖV-Vorhaben, kann davon ausgegangen werden, dass die formalen Kriterien hinsichtlich des technischen Qualität und Konsistenz des Standards und seiner Bestandteile, der öffentlichen und freien Bereitstellung und des nachhaltigen Betriebs im Rahmen einer XÖV-Zertifizierung bereits zugesichert und geprüft wurden. In diesem Falle ist zu prüfen ob über eine etwaige Erweiterung der Betriebsorganisation des Standards, die Umsetzung der OZG-Leistung mittels fachlicher Erweiterung des Standards und Entwicklung zugehöriger FIM-Artefakte innerhalb der Organisationsstrukturen des Standards erfolgen kann.