Beschreibung IT-Standard XBezahldienste
Ausgangslage
Für den Großteil der OZG-Leistungen fallen Verwaltungsgebühren an, welche vom Antragsteller zu bezahlen sind. In § 4 Abs. 1 EGovG (sowie ähnlichen Regelungen in den E-Government-Gesetzen der Länder) wurde festgelegt, dass bei elektronisch durchgeführten Verwaltungsverfahren bei denen Gebühren oder sonstige Forderungen anfallen, deren Begleichung über ein elektronisches Zahlungsverfahren ermöglicht werden muss. Dies betrifft sowohl das nutzerseitige Angebot an modernen, verbreiteten Zahlverfahren als auch die behördenseitige Verknüpfung mit den Haushalts-, Kassen- und Rechnungssystemen (HKR-Systemen) der betroffenen Behörden. Im Rahmen der frühen Konzeptionsphase hat eine im Oktober 2020 bundesweit durchgeführte Umfrage ergeben, dass ungefähr ein Drittel der teilgenommenen Behörden verwaltungsübergreifend bereits elektronische Bezahlmöglichkeiten anbieten. Davon sind ca. 80 Prozent an Bezahldienste angebunden, welche zentral bereitgestellt werden (v.a. ePayBL, pmPayment, epay21, ePayServiceBayern und SAP Digital Payment).
Die Herausforderung beim Einbinden zentraler Bezahldienste im OZG-Kontext liegt im vorgangsindividuellen Routing. Der Nutzer muss unabhängig davon, welches Verwaltungsportal er nutzt, welches Bundesland den jeweiligen EfA-Dienst betreibt und welche Behörde sachlich, instanziell und örtlich zuständig ist, einen einheitlichen Bezahlprozess der Dienstleistung angeboten bekommen. Hierbei ist es unerlässlich, zentrale Prozesse, Standards und Schnittstellen zu etablieren, welche unabhängig von der beteiligten Behörde (Bund, Land oder Kommune) und deren technische Voraussetzungen eine aus Nutzersicht einheitliche Lösung bilden. Gleichermaßen sollen bestehende, nachgelagerte Prozesse im Bereich Haushalts-, Kassen- und Rechnungswesen so weit wie möglich nachgenutzt werden. Erst mit der Anbindung von zentralen Bezahldiensten entsteht bei den OZG-Leistungen ein umfassendes, digitales Nutzererlebnis für Bürger und Unternehmen. Der Standard stellt sicher, dass mit der Bezahlung von Gebühren ein zentraler Eckpfeiler im OZG-Vorhaben über alle Verwaltungsebenen hinweg einheitlich zur Verfügung stehen wird.
Regelungsgegenstand
Der Standard XBezahldienste hat die Kommunikationsbeziehung zwischen Bezahldiensten und Online-Diensten im Sinne des OZG zum Gegenstand. Dabei wird ausschließlich die Schnittstelle 11/13 auf Basis der Darstellung der Kommunikationsbeziehungen betrachtet (siehe Verortung Kommunkationsbeziehungen). Alle peripheren Schnittstellen zwischen Bezahldiensten und den jeweiligen HKR-Systemen sowie Zahlungsverkehrsprovidern sind nicht Teil der Betrachtung. Regelungsgegenstand des Standards ist der Austausch entsprechender Zahlungsinformationen zwischen Online-Dienst und Bezahldienst zur erfolgreichen Abwicklung von Zahlprozessen im Kontext Einer-für-Alle sowie artverwandte Anwendungsfälle im OZG-Kontext.
Basisanforderungen zur Konzeption des Standards
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Innerhalb Deutschlands muss der Schnittstellenstandard rechtlich nach den Vorgaben des OZG konzipiert werden. Zu beachten ist dabei die rechtliche Regelung auf europäischer Ebene in Form der SDG-Verordnung („Verordnung zur Errichtung eines einheitlichen digitalen Zugangstors“). Diese regelt den länderübergreifenden digitalen Zugang zu Verwaltungsleistungen innerhalb der EU.
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Die maßgebliche Anforderung der Standardschnittstelle besteht in der Interoperabilität zu existierenden Komponenten der föderalen IT-Architektur gem. Prinzip 16 des OZG. Auch müssen entsprechende Interoperabilitätsartfakte gem. Prinzip 12 des OZG berücksichtigt und nachgenutzt werden. Insbesondere diejenigen die maßgeblich zur Funktionalität der Schnittstelle und der darüber laufenden Kommunikation von Bedeutung sind.
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Letztlich bildet die bestmögliche Nachnutzung bestehender Prozesse in Bund und Ländern eine übergeordnete Anforderung an den Standard XBezahldienste sowie alle Schritte in den Projektvorhaben gem. Prinzip 14 des OZG. Insbesondere die Eingliederung und vollständige Nachnutzung peripherer Prozesse und Komponenten wie z.B. ZVPs, HKR-Systeme und Kassen ist hier zu berücksichtigen.
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Neben den Anforderungen auf rechtlicher Basis sowie den OZG-Prinzipien, sind die direkten Abhängigkeiten der Schnittstelle als weitere Anforderung zu beachten. Der Bezahldienst hat als Querschnittsdienst hohe Abhängigkeiten von anderen Vorhaben im OZG-Kontext (z.B. Servicekonto, Verwaltungsportal, einzelne EfA-Dienste). Zentrale Meilensteine und wichtige Änderungen in den Projekten haben potenziell Auswirkungen auf die zu schaffende Schnittstelle in diesem Projekt (wie auch umgekehrt). Daher ist es erforderlich, einen regelmäßigen Informationsaustausch mit anderen zentralen OZG-Projekten herzustellen und diesen nachhaltig zu stärken.
Nutzenpotenziale
Qualitativer Nutzen
Der qualitative Nutzen ergibt sich sowohl aus der Sicht des Leistungsempfängers (Bürger und Unternehmen) sowie aus der behördenseitigen Perspektive. Auf Seiten der künftigen Leistungsempfänger ergibt sich der qualitative Nutzen v.a. durch eine deutliche Erhöhung der Dienstleistungsqualität durch die Möglichkeit, digital beantragte Verwaltungsleistungen auch direkt und mit gängigen Zahlverfahren elektronisch bezahlen zu können. Die zentrale Umsetzung von Prozessen, Standards und Schnittstellen fördert ebenfalls die Sicherstellung einer gleichbleibend hohen Servicequalität unabhängig von den im konkreten Anwendungsfall zuständigen Behörden. Für die Behörden erhöht sich die Qualität v.a. in Bezug auf die zur haushalterischen Weiterverarbeitung übermittelten Zahlungsdaten. Mithilfe von zentralen Standards und Komponenten wird sowohl der Austausch von Zahlungsdaten zwischen Behörden als auch die interne Verarbeitung der Daten vereinfacht (z.B. zum Aufbau von Sollstellungen sowie der Weiterverarbeitung haushaltsrelevanter Daten).
Quantitativer Nutzen
Durch die zentrale Realisierung der Bezahlkomponente als EfA-Dienst wird verhindert, dass alle beteiligten Stellen (Bund, Länder und Kommunen) für ihre Verwaltungsportale eigene Lösungen schaffen. Dies senkt zum einen die Kosten für die einmalige Umsetzung der erforderlichen Komponenten im Kontext OZG und stellt zeitgleich die zwingend erforderliche Interoperabilität zwischen den jeweils beteiligten Verwaltungsportalen, Servicekonten, EfA-Diensten und nachgelagerten Haushaltssystemen der Behörden sicher.
Strategischer Nutzen
Strategischer Nutzen ergibt sich langfristig u.a. durch das entstehende Automatisierungspotential in der Abrechnung von Gebühren in den Behörden. Durch die Verknüpfung mit den Haushaltssystemen können eingehende Zahlungen automatisiert mit Sollstellungen in den Systemen abgeglichen werden und manuelle Prüfungen auf ein Minimum reduziert werden. Künftige funktionale Erweiterungen (z.B. Änderungen an Standards, Schnittstellen und Prozessen) durch technische oder rechtliche Neuerungen können zudem zentral umgesetzt werden.
Operativer Nutzen
Operativer Nutzen ergibt sich aus der mit der Digitalisierung der Verwaltungsleistung verbundenen Entlastung der Verwaltungsmitarbeiter im Rechnungswesen durch den Wegfall operativer Tätigkeiten in der Erzeugung von Gebührenbescheiden sowie der anschließenden Vereinnahmung der Mittel. Mithilfe von festen Standards, Schnittstellen und Prozessen werden den Mitarbeitern außerdem feste Richtlinien zur Orientierung mitgegeben, welche die Komplexität der verbleibenden Bearbeitung mindern.